Morgens im Bus habe ich die Gelegenheit, alltägliches Leben in Ruhe zu beobachten. Zuschauer sein und nachdenken bekommen mir gut.
Wenn ich die roten Kugeln betrachte, erkenne ich darin das Prinzip der Hoffnung. Nicht all das Schöne im Leben und das Erwartete oder Erwünschte, sondern die Hoffnung, dass Alles, in seiner Gesamtheit, Sinn hat. Die Kugeln repräsentieren die Erwartungen eines Kindes an das Christkind und die Hoffnung auf das Wunder.
Hoffnung ist ein seltsam anmutendes, zaghaftes aber keinesfalls unbeständiges Gefühl. Es blüht im Verborgenen und ich kann es kaum beschreiben oder gar sofort bei mir und anderen erkennen. Wenn etwas nicht machbar, gar unmöglich und schwer bewältigbar, erscheint, dann keimt dieses zarte Gefühl auf. Und wandelt sich unmittelbar in intensive Kraft. Mit dem Erkennen wächst die Energie, es entsteht Herausforderung, die durch Handeln spürbar wird. Die Hoffnung ist eine Empfindung des Denkens, sie zeigt sich zum Zeitpunkt des Nichthandelns; während das Gefühl des Mutes, jene Kraft zeigt, welche die Herausforderung braucht, um sie zu bewältigen. Also ein Gefühl des Handelns.
Wie erkenne ich Hoffnung im Alltag und wodurch unterscheidet es sich vom Fatalismus?
Gedankenlosigkeit und hektisches Tun sind die Räuber der Hoffnung. Das Treiben des Alltags, in Hektik und Eile stiehlt mir das feine Gespür für die Hoffnung, das wunderbarste Gefühl, das ich kaum beschreiben und unmöglich bei anderen erkennen kann. Sobald jedoch, bei mir, der Eindruck des nicht Machbaren entsteht, sehe ich Herausforderung.
Als Kind hatte ich, an Tagen vor dem Nikolausfest, die Erwartung, Krampusse zu sehen und zu hören und doch nicht geschlagen zu werden. Besuche ich eine Ausstellung, hoffe ich, ein wunderbares, besonderes Bild zu sehen. Vor einigen Jahren war es die Hoffnung, wieder gehen zu können und als dies gelungen war, die Hoffnung, irgendwann Ski zu fahren. Vor einigen Monaten hoffte ich, die neuerliche Erkrankung mit dem Ignorieren und Nichtlesen der Diagnose verschwinden zu lassen.
Ich muss erkennen, dass dies alles mit Hoffnung nichts zu tun hat. Das sind reale und irreale Wünsche an das Leben. Ich musste erkennen, dass die Wirklichkeit vielschichtiger ist, worin der Sinn von Ereignissen verborgen bleiben kann. Gleichzeitig kommt der Gedanke auf, dass die Bewältigung von Schwierigkeiten und Herausforderungen eine Form der emotionalen Intelligenz darstellt. Wenn es die Gefühle zulassen und Wünsche nicht überhand nehmen, bleibt die Sicht auf den Sinn der Ereignisse offen.
Es wäre fatal, Hoffnung mit Fatalismus zu verwechseln, doch worin sie sich unterscheiden, ist mir noch nicht klar geworden. An einem anderen Tag!